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Sommerinterview mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner

Arbeit bereits vor der Krise für mich das wichtigste Thema

Liebe Landeshauptfrau, die Corona-Pandemie scheint zumindest in Österreich bewältigt worden zu sein – im Blick zurück, wie zufrieden bist du mit dem Krisenmanagement?

Die Gesundheitskrise haben wir bisher ausgesprochen gut bewältigt, das sieht man vor allem, wenn man über unsere Grenzen hinausblickt. Zu keinem Zeitpunkt gab es in unseren Kliniken Kapazitäts-Engpässe. Im ganzen Land gab es großartige Initiativen und persönliches Engagement, von Hilfs- und Bringdiensten bis zum Nähen von Schutzmasken.

War vielleicht alles gar nicht so schlimm wie befürchtet?

Wir sind in Niederösterreich und Österreich bislang gut durch diese Gesundheitskrise gekommen, andere Staaten leider nicht – und es gibt nach wie vor kein Heilmittel bzw. keinen Impfstoff. Deshalb müssen wir auch in Zukunft vorsichtig bleiben und gleichzeitig mutig vorwärts gehen. Beides ist entscheidend: Weiter aufpassen und wieder aufmachen. So werden wir auch beides schaffen: Die Krise nachhaltig bewältigen und die Zukunft bewerkstelligen.

Mit welchem Gefühl gehst du in die zweite Jahreshälfte?

Klar ist, das Virus und die damit verbundenen Maßnahmen haben uns allen viel abverlangt, allen die arbeiten gehen mussten genauso wie jenen, die zu Hause bleiben mussten. Und es liegt eine besonders schwierige Zeit noch vor uns, besonders wenn man die internationale Wirtschaftsentwicklung verfolgt. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass wir in Niederösterreich die Herausforderungen, die anstehen, erneut meistern werden.

Du hast kürzlich gesagt, auf 50 Tage Gesundheitskrise folgen 500 Tage Comeback. Wie begegnet Niederösterreich den wirtschaftlichen Folgen?

Wir haben als erstes Bundesland auch mit konjunkturbelebenden Maßnahmen auf die Corona-Pandemie reagiert – es ist aber wichtig, mit Maß und Ziel vorzugehen. Es darf nicht zu Doppelförderungen kommen, diese würden von Bundesförderungen abgezogen. Und wir wollen die weitere Entwicklung genau beobachten, um im Herbst zielgerichtet weitere Maßnahmen zu setzen.

In Anbetracht der großen finanziellen Herausforderungen – wie sieht das Budget für nächstes Jahr aus?

Im Budget für 2021 hätten wir ein Nulldefizit vorgesehen, mit der Corona-Pandemie war schnell klar, dass das nicht einhaltbar ist. Zum einen, weil wir mit Mehrkosten und weniger Ertragsanteilen konfrontiert sind, zum anderen, weil wir für Arbeitsplätze und Konjunktur in Niederösterreich auch kräftig investieren wollen. Arbeit sichern und finden war bereits vor der Corona-Krise für mich das wichtigste Thema. Ich sehe es weiterhin als primäre Aufgabe meiner gesamten Landesregierung, für Arbeit und Konjunktur, aber auch für Qualifizierung und Bildung Investitionen zu tätigen.

Beinahe jeden zweiten Euro investiert Niederösterreich in die Bereiche Gesundheit und Soziales, sind hier Einsparungen möglich?

Nein, wir haben in der Krise erneut gesehen, wie wertvoll unsere 27 Landeskliniken und unsere Pflege- und Betreuungszentren im ganzen Land sind. Und, dass es richtig war, sie unter ein koordinierendes Dach – die NÖ Landesgesundheitsagentur – zu stellen. Wichtig ist, dass jeder Euro verantwortungsbewusst ausgegeben wird, damit die Kostensteigerung – besonders im Bereich Gesundheit und Pflege – abgeflacht wird. Mit der NÖ Landesgesundheitsagentur sind wir hier nicht nur auf einem guten Weg, wir setzen bei Planung und Steuerung auch internationale Maßstäbe. 

Homeoffice wird für immer mehr Landsleute interessant. Schnelles Internet ist dafür ein Muss – wie wird man darauf von Seiten des Landes reagieren?

80 Prozent unserer Haushalte werden bereits jetzt mit 30 Mbit versorgt, ein sehr guter Wert, das haben wir besonders im April gesehen. Wir brauchen für die Zukunft aber 100 Mbit-Verbindungen und das im ganzen Land, deshalb greifen wir als Bundesland direkt in den Ausbau ein. Mit unterschiedlichen Modellen wollen wir möglichst flächendeckend den Breitbandausbau vorantreiben. Dafür werden in Niederösterreich in den nächsten Jahren rund 1,66 Mrd. Euro investiert. 

Schnell wurden zahlreiche digitale Angebote seitens des Landes geschaffen – wie das digitale Schaufenster oder die Aktion „Niederösterreich wird nah versorgt“. Warum wurden diese Aktionen gesetzt?

Eines unserer zentralen Anliegen ist es, dass die Wertschöpfung bei uns im Land bleibt. Dadurch können niederösterreichische Unternehmen Arbeitsplätze schaffen und sichern. Um ihre Chancen am Markt zu verbessern, möchten wir ihnen moderne Werkzeuge zur Verfügung stellen und haben deswegen ein eigenes Digitalisierungspaket für Klein- und Mittel-Betriebe in der Höhe von 10 Millionen Euro auf den Weg gebracht, um unsere Betriebe am Weg in die digitale Zukunft zu begleiten.

Zuletzt bist du schlichtend zwischen dem roten Wien und dem türkis-grünen Bund aufgetreten. Eine Rolle, die dir liegt?

Klar ist, dass für mich blau-gelb, also die Interessen von Niederösterreich und unseren Landsleuten im Vordergrund stehen, und nicht die Parteifarben. Deshalb habe ich auch von meinem Amtsantritt an das Miteinander ins Zentrum gestellt und werde das auch in Zukunft tun. Denn im Miteinander im Land, aber auch mit unseren Nachbarn und dem Bund, erreichen wir mehr für Niederösterreich. 

Liebe Landeshauptfrau, zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie hast du privat die letzten Monate erlebt?

Auch ich habe während des Shutdowns mit Freunden und einigen Familienangehörigen nur via Videotelefonie gesprochen bzw. sie darüber gesehen.  Auch die Regierungsarbeit und Koordination mit dem Bund erfolgte beinahe ausschließlich über Videotelefonie. Aber gerade wir als Volkspartei NÖ brauchen den persönlichen Kontakt und das Gespräch mit den Landsleuten – deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir langsam wieder zur Normalität zurückkehren können. Ein Verdienst von allen Landsleuten, bei denen ich mich für ihre Disziplin und das Mittragen der Einschränkungen sehr herzlich bedanken möchte!  

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